1.4.2022

Sehr geehrter Herr Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin,

wir sind beide bald 70 Jahre alt, also wohl ziemlich erfahrene Männer, die sehr viel in ihrem Leben erreicht haben. Wir denken wahrscheinlich jeder für sich darüber nach, wie wir unser Lebenswerk in unserer verbleibenden Zeit sinnvoll, friedlich und nachhaltig vollenden.

Sicherlich haben wir auch Fehler gemacht, aber ich gehe davon aus, dass wir uns beide zum Wohle unserer Mitmenschen bemühen, daraus zu lernen. Wir könnten uns auf gleicher Ebene begegnen, uns austauschen, fair diskutieren und den richtigen Weg finden.

Ich habe den großen Wunsch, Sie und Ihr Tun zu verstehen, denn ich bin überzeugt, dass Sie hoch intelligent sind, denn sonst hätten Sie nicht diese bemerkenswerte Karriere gemacht. Meine wichtigsten Lebensziele habe ich bald erreicht, aber ein besonders Wichtiges noch nicht: Dabei zu helfen, mehr Frieden in die Welt zu bringen. Dazu hätte ich wie Sie in die Politik gehen müssen. So kann ich hier nur bescheiden meine Meinung sagen.

Es ist nur zu verständlich, dass sich derzeit große Geister, Philosophen, Psychologen, Kinder, Sportler, Politiker, Menschen aller Geschlechter, aller Hautfarben, jeden Alters und jeglicher politischen Couleur mit Aufrufen an Sie wenden, und Sie zu schnellem Frieden auffordern.  Aber niemand wird sich wohl voll in Ihre diffizile Situation hineinversetzen können. Ich bin ganz sicher, dass Frieden im Grunde auch Ihr Wunsch ist und Sie dieses hohe Ziel besonders schnell und ohne weiteres Blutvergießen schaffen können!

Die Spatzen in der ganzen Welt pfeifen es von den Dächern, dass die Armee der Russischen Föderation seit dem 24. Februar mit Waffengewalt in die Ukraine eindringt und dort ganze Orte dem Erdboden gleichmacht und wertvolle Menschenleben auslöscht. Es gibt unzählige Opfer in der Zivilbevölkerung. Seit vielen Wochen leiden alle Beteiligten unter den Folgen der von Ihnen und Ihrem Propagandaapparat beschönigend als „Spezialoperation“ bezeichneten Aktion.

Sie haben Ihre Gründe gesehen, einen Waffengang mit Panzern, Bomben, Granaten und Raketen zu beginnen, der jedoch unvorstellbares Leid und große Trauer nicht nur in die Ukraine, sondern auch in russische Familien gebracht hat. Auch Tausende junger Russen und Ukrainer, die ihr Leben noch hoffnungsvoll vor sich hatten, sind gestorben – und sie sterben weiter jeden Tag, so lange wie dieser militärische Streit noch wütet.

Vor dem 24.2. habe ich geglaubt, dass die Ukraine eine neutrale und ausgleichende Funktion übernehmen könnte. Aber jetzt ist dies wegen des zerstörten Vertrauens nicht mehr recht vorstellbar. Oder sehen Sie einen realistischen Weg, der diese Option wieder in den Bereich des Möglichen rückt? Das könnte der Schlüssel zur Lösung sein!

Ich bemühe mich weiter, Sie zu verstehen, möchte aber auch fragen, ob Sie sich ebenso in die Lage Ihrer Nachbarn hineinversetzen können. Nach der nuklearen Entmachtung hat die Ukraine die machtvolle Russische Föderation nicht im Ansatz bedrohen können.

Zensur passt nicht mehr in unsere aufgeklärte moderne Welt. Ihre Ansprachen kann man verfolgen. Können Menschen in Russland aber auch die Reden zum Beispiel des ukrainischen oder des amerika­nischen Präsidenten oder von Arnold Schwarzenegger (Twitter: @arnold) anhören? Ein kluges Volk verdient das Recht auf eine selbst gebildete Meinung. Ich vermute, dass das russische Volk Verständnis aufbringen würde, wenn Sie so stark wären, einen erklärbaren Fehler einzugestehen.

Die erhoffte Annahme, dass Sie von dem ukrainischen Volk willkommen geheißen oder geduldet werden, war offensichtlich falsch. Wir sollten zugeben, dass wir fehlbar, eben menschlich sind. Kluge Köpfe wissen, dass sie nichts wissen, aber zum Glück auch, dass man durch Einsicht und Reue überzeugende Stärke zeigen kann.

Wie die Geschichte zeigt, siegt irgendwann die Wahrheit. Aber das hilft dann den Opfern nicht mehr. Lassen Sie uns weitere Leidtragende auf beiden Seiten vermeiden! Es darf nicht sein, dass wir über Leib und Leben Anderer befinden, derweil wir im sicheren Elfenbeinturm sitzen.

Moskau-Glöckchen
Moskau-Glocken

Vor mir stehen 2 russische Geschenke auf dem Tisch. Es sind kleine Moskauer Glöckchen, die ich am liebsten bald als Friedensglocken läuten hören möchte. Ich war in Moskau und St. Petersburg, liebe die russische wie die ukrainische Kultur und schätze das russische wie das ukrainische Volk. Ich bin stolz, dass ich zum Bau des Moskauer Flughafens beigetragen habe und russische Häfen mit unseren Produkten aus Deutschland errichtet sind. Ich möchte weiter russisches Gas nutzen und ukrainische Produkte kaufen und bald wieder zum gegenseitigen Vorteil kooperieren.

Sie täuschen sich, wenn Sie in Ihren Reden behaupten, dass jemand Russland zerstören möchte. Ganz im Gegenteil! Es wäre fantastisch, wenn wir schon bald wieder zu friedlicher Koexistenz und Achtung zurückzukehren könnten.

Es hängt ganz wesentlich von Ihnen ab! Wann finden wir eine friedliche Lösung, zum Beispiel im direkten Dialog mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj?

Sie beide sind von Ihren Mitmenschen dazu gewählt, um sich gegenseitig anzuhören, zu verstehen und möglichen weiteren Opfern grausames Leiden oder ihren Tod zu ersparen.

Wir alle sollten uns glücklich schätzen, dass wir die schönste, befriedigendste und herausforderndste aller Aufgaben haben, nämlich die Schaffung von Frieden und Freiheit.

Die Freiheit des Einzelnen hört aber da auf, wo die Freiheit des Nächsten beginnt. Wir brauchen nicht mehr Waffen, sondern mehr Verantwortung, Rücksichtnahme, Toleranz, Bildung und Moral.

Ich glaube im Gegensatz zu vielen Hardlinern und Waffenhändlern noch an die Diplomatie. Wohlan! Das ist sogar noch heute zu schaffen. Überraschen wir uns – und die Welt!

Ich würde mich freuen, von Ihnen eine nachvollziehbare Antwort zu erhalten, aber noch viel mehr, wenn es Ihnen gelingt, statt der Ukraine, den Frieden zurückzuerobern.

Vielen Dank für Ihre wertvolle Zeit und Ihre Aufmerksamkeit.

Beste Grüße aus Westfalen

Stellvertretend für sehr viele friedliebende Weltbürger

Dirk Schroeder

ME@MEnschenskinder.ME

Dieses Schreiben darf unter Nennung der Quelle „www.MEnschenskinder.ME“ an alle interessierten Menschen weitergegeben werden, um eine breite Diskussion über unser gemeinsames Ziel des Friedens in der Ukraine und der Welt zu ermöglichen.

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19 Responses

    • Liebe Frau Reul,
      vielen Dank! Die Seite ist nur wenige Tage alt und hat schon über 500 Aufrufe. Die Ankunft des Einschreibebriefes an die Russische Botschaft in Berlin ist mir gestern bestätigt worden.
      Beste Grüße aus Westfalen
      Dirk Schroeder

    • Erstaunlich, während eines mörderischen Krieges und unglaublichen Wortverdrehungen den Glauben zu verbreiten, es sei möglich, grundlegend Böse zur Umkehr zu bewegen und Frieden, Akzeptanz der Mitmenschen zu suchen.
      Das Vorhaben ist gut. Schwer ist es, anzunehmen, dass damit die Kraft der „Verneinung“ des Bösen zur Vernunft bringt. Es wäre gut, wenn die Hoffnung auf ein gutes Miteinander, gepaart mit Wachsamkeit, erhalten bliebe.

  1. Wohlgesetzte, kluge Worte, lieber Dirk. Dagegen wirkt Putins Handeln, wie das eines trotzigen Kindes, dem man das Förmchen geklaut hat.

    Allein, das ist kein Kinderspiel. Aber Weitsicht und Diplomatie – das habe ich in den letzten Jahren durch vermeintlich intelligente Leute erfahren dürfen – sind oftmals wenig ausgeprägt.

    Dein Brief erinnert mich an das Lied „Wort“ von Udo Jürgens. Hoffen wir, daß das Wort obsiegen wird.
    In diesem Sinne wünsche ich Dir und Deinen Lieben einen sonnigen, wortreichen Tag: https://youtu.be/7044E-ZFAU0

  2. Hallo Herr Schroeder,
    meinen großen Respekt zu Ihrem Brief. Ich teile ihn und wünschte er erreicht die russische Bevölkerung und auch den Kremel.

  3. Lieber Dirk, vielen herzlichen Dank für diesen rührenden Brief. Ich hätte es selbst nicht besser schreiben können. Viele von uns sehnen sich nach Frieden, unsere Generation kennt es nicht anders, als in einer friedlicher Welt zu leben. Das, was in der Ukraine passiert, ist schrecklich und die Menschen dort, die Mütter mit ihren Kindern, die Männer, die so unermüdlich kämpfen,… tun mir leid. Wir sind alle so machtlos dem Krieg gegenüber.
    Deshalb ist es schön, dass es solche mutigen Menschen gibt, wie Dich, die solche Briefe verfassen und abschicken. Lass uns alle wissen, wenn Herr Putin geantwortet hat. Abschließend möchte ich ein wunderbares Zitat von Baron Katje zitieren, der alles erklärt, und mein Lebensmotto ist: „Solange kein Frieden in Dir ist, gibt es keinen Frieden auf der Welt, denn Du bist die Welt“. In diesem Sinne – Ewa Anna (Ewita)

  4. Sehr geehrter Herr Schröder,

    leider sind auch Sie der Stimmungsmache der Medien gegen Russland erlegen, das böse Russland und die gute NATO, da Sie die Tatsachen verneinen odernicht zur Kenntnis nehmen wollen, die zu diesem Krieg geführt haben. Jeder Krieg ist ein Verbrechen und trifft nur die unschuldige Bevölkerung.
    Deshalb empfehle ich Ihnen den fundierten Artikel von Marcus Schröder – Hauptsache alle gegen Russland- aus Der Zeit zu lesen. Vielleicht geht Ihnen dann ein Licht auf. Ich bin kein Putinversteher, da mein Vater 5 Jahre zur Zwangsarbeit in die sowjet. Ukraine 1945 deportiert wurde. aber Wahrheit muss Wahrheit bleiben und nicht politisch missbraucht werden.
    der ehemal franz Präsident de Gaulle sagte: Staaten haben keine Freunde noch Feinde, sondern nur Interessen. Ein solches Interesse hat Russland nicht von der USA/NATO eingekreist zu werden.

    MfG
    Lothar Petri

    • Sehr geehrter Herr Petri,
      besten Dank, dass Sie meinen Brief an Putin und meinen Wunsch nach Frieden kommentiert haben. Ihre Quelle in der Zeit habe ich nicht finden können. Aber da Russland einen Angriffskrieg gegen die Urkraine begonnen hat, ist es folgerichtig, dass das angegriffene Land sich verteidigt. Die westlichen Medien berichten darüber und machen in meinen Augen damit keine Stimmung. In Russland allerdings ist es offenbar verboten, über den Krieg zu berichten, ja sogar das Wort Krieg zu benutzen. Ist es da erstaunlich, dass das Image von Russland so negativ geworden ist? Die deutsche Regierung hat Putin offensichtlich zu sehr vertraut und sich im Glauben an ein friedliches Miteinander in eine zu große Abhängigkeit begeben. Hat er unsere Gutgläubigkeit missbraucht? Sie schreiben „Wahrheit muss Wahrheit bleiben.“ Und das ist leider die bittere Wahrheit.
      Wird Russland eingekreist? Jeder souveräne Staat sollte wohl das Recht haben, sich für eine Gesellschaftsform zu entscheiden. Und wenn sich ein Land in einem Bündnis mit gleichgesinnten Ländern sicherer fühlt, so ist das zu respektieren, solange kein anderes Land aktiv bedroht wird. Danke, dass Sie so deutlich schreiben, dass jeder Krieg ein Verbrechen ist und nur die unschuldige Bevölkerung trifft! Genau das habe ich in meinem Schreiben an Wladimir Putin zum Ausdruck bringen wollen. Hoffen wir auf einen vernünftigen Dialog und eine schnelle friedliche Lösung, bei der kein Staat Angst haben muss, eingekreist zu werden und kein Mensch fliehen muss, weil seine Heimat angegriffen wird.
      Mit freundlichen Grüßen
      Dirk Schroeder

  5. sehr wichtig: wir müssen in mehreren Sprachen die Kommunikation offen halten, aber dabei auch klar Stellung für Werte und Freiheit beziehen! Viel Erfolg für diesen Ansatz!

  6. Lieber Herr Schroeder,

    ich bin sehr beeindruckt!

    Die Fähigkeit, zu Hause den Frieden zu wahren, im Ausland Verbündete zu suchen und zu verstehen, was in den Köpfen anderer Menschen vorgeht, sind entscheidende Schlüssel zum Erfolg. Daher ist der aggressive Muskelprotz als Kriegsherr oft die allerschlechteste Wahl. Ein Mensch, der mit anderen zusammenarbeitet, der sie beschwichtigen kann und der in der Lage ist, Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu sehen, aus diesem Stoff sind die Gründer von Imperien gemacht. Augustus war zwar militärisch unfähig, doch ihm gelang es, ein stabiles Imperium zu errichten, während Caesar und Alexander der Große scheiterten. Diese Leistung wird ausgerechnet seiner Tugend, der Clementia zugeschrieben, seiner Milde.

    Die Geschichte zeigt, wie die Zukunft aussieht. Wir bleiben zuversichtlich und halten weiter zusammen!

    Herzliche Grüße Martina Piel

  7. Danke Dirk!

    Schön geschrieben und gut gemacht!

    Wir unterstützen hier in unserem Land allerdings gerade bei der Eskalation. Ich glaube, dass es erfolgversprechender wäre, die Menschen bei uns anzusprechen und zu überzeugen, dass Eskalation mit immer mehr Waffen nicht den gewünschten Friedenserfolg bringen wird. Der Versuch, Putin zu verstehen, schadet sicher dem Frieden nicht und hilft bei Verhandlungen. Ich gebe zu, das ist nicht leicht, aber kein Grund, es zu lassen. Und nur weil man jemanden vielleicht ganz oder teilweise versteht, bedeutet dass nicht, dass man seine Handlung rechtfertigt.

    • „Der Versuch, Putin zu verstehen“ – Was bitte soll das denn konkret bedeuten? Inwiefern kann oder gar soll man denn Verständnis für einen Angriffskrieg gegen ein souveränes Land aufbringen?

  8. Lieber Dirk,

    Deine Aktion ist gut und richtig – egal, ob sie wirkt oder nicht.

    Jetzt müssen wir aber auch endlich die Kriegstreiber in unserer Politik zum Schweigen bringen. Es ist z.B. nicht Aufgabe unserer Außenministerin (!) , „die alten Grenzen von vor 2014 für die Ukraine zu garantieren“ oder dafür zu sorgen „dass die Russen nie wieder Öl und Gas an uns liefern können“. Unsägliches Geschwätz, wie zu erwarten!
    Und die Ukraine gehörte und gehört weder in die EU noch in die NATO.

  9. Ich denke, dass Putin viel zu stark machtpolitisch orientiert ist, sodass er sich von einem solchen Schreiben kaum beeindrucken lässt. Trotzdem ist es richtig, wenn Sie mehr Diplomatie fordern und wenn Sie auch an die russische und ukrainische Bevölkerung erinnern. Wahrscheinlich wird Ihnen Putin nicht antworten, aber es ist wichtig, dass jede und jeder versucht, einen Beitrag zum Frieden zu leisten. Sie versuchen es auf Ihre Weise, ich es auf meine, andere wieder auf andere Weise.

    • Vielen Dank Herr Gysi, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Jeder Tag, den der Krieg eher aufhört, ist ein gewonnener Tag für weniger russische und ukrainische Opfer und weniger Hunger und Leid in der Welt.

  10. Lieber Dirk,
    danke für deinen berührenden Brief, den du mir gleich nach deiner Veröffentlichung zu lesen gegeben hattest. Auf deine Anregung will ich gerne meinen heutigen Brief an Vladimir Putin hier teilen:

    Ich habe heute diesen Brief an Vladimir Putin geschrieben:

    ——– Ursprüngliche Nachricht ——–
    Von: ra-kliesener
    Datum: 03.12.22 16:07 (GMT+01:00)
    An: infokonsulat@russische-botschaft.de

    Mit der Bitte um Weiterleitung an den russischen Präsidenten Vladimir Putin, vielen Dank!

    Sehr geehrter Herr Präsident Vladimir Putin,

    ich möchte Ihnen und dem russischen Volk zunächst mein Mitgefühl ausdrücken, sich gerade in dieser furchtbaren und leidvollen Situation mit der Ukraine zu befinden und in dieser isolierten internationalen Lage im Zusammenhang damit. Ich betrachte dabei nicht, wie es dazu gekommen ist, da kenne ich möglicherweise nicht alle Hintergründe. Und ich möchte hier keinen moralischen Zeigefinger erheben.

    Warum schreibe ich Ihnen?

    Ich kenne ein bisschen die russische Bevölkerung, das große Herz der Russen, die Gastfreundschaft der Russen, die große Leidensfähigkeit der Russen, ich liebe Russland und seine Bevölkerung. Ich habe 1992 in Pjatigorsk einen Monat lang einen Russisch-Intensivkurs gemacht (da war ich 21 Jahre alt), vorher hatte ich 8 Jahre lang Russisch in der Schule. Ich habe in der DDR-Zeit viele russische Soldaten beim Angeln getroffen. Mit einem Offizier habe ich einem Freund von mir das Leben gerettet. Der Freund war beim Nacht-Angeln 1984 ohnmächtig geworden und ins Wasser gefallen. Wir haben ihn zusammen rausgezogen und mit Herz-Lungen-Massage wiederbelebt. Wenn ich 1992 gelegentlich mit dem Zug von Berlin nach Moskau gefahren bin, wurde ich von den herzlichen Russen im Zug eingeladen; sie haben ihr Essen mit mir geteilt und wir haben Wodka getrunken. Von Pjatigorsk aus wurde ich vom Veranstalter des Sprachkurses, Herrn Loboda, am Wochenende nach Astrachan gefahren; wir haben das wunderschöne Wolga-Delta besucht und beangelt, und wir waren in Sotschi.

    Ich sage Ihnen meine Vision:

    Für mich gehört Russland unbedingt zur europäischen Familie und damit in die Europäische Union, ganz selbstverständlich. Russland ist ein riesen Schatz für mich und für ganz Europa, und das meine ich in erster Linie ideell. Russland ist so ein liebevolles Land, so reich an Kultur, es gibt so enge Verbindungen mit Deutschland, Frankreich,… in der Geschichte. Ich akzeptiere die momentane Isolation von Russland nicht. Ich denke an die Zeit nach dem Krieg. Ich hoffe, diese Zeit kommt sehr bald. Ich möchte, dass die Jugend von Russland und vom restlichen Europa im Austausch steht und voneinander lernt. Ich möchte, dass wir uns ökonomisch ergänzen, unsere unterschiedlichen Bedingungen sind dafür prädestiniert. Mir ist Russland vom Herz her viel näher als es die USA sind.

    Ich hoffe, wir kommen möglichst bald aus dieser schlimmen momentanen Lage heraus und können gemeinsam und friedlich und im gegenseitigen Respekt und mit gegenseitiger Neugier und Freude zusammen eine schöne Zukunft bauen und uns gegenseitig im Austausch bereichern. Ich habe in Frankreich studiert und weiß, dass die meisten Menschen dort genauso denken. Und in Deutschland sowieso. Ich hoffe, diese Tragödie mit der Ukraine endet sehr bald, lieber Herr Putin. Und wir rücken in Europa mit Russland nach einer Zeit des Trauerns über das was passiert ist und des Aussprechens, was verletzt hat und was Fehler waren, wieder zusammen, lassen uns von niemandem im Außen mehr spalten. Und ich wünsche mir von Russland politisch, dass es seine Verletzlichkeit und seine Bedürfnisse mehr zeigt als bisher. Ich glaube, die unglaublichen Opfer, die Russland im zweiten Weltkrieg hatte, haben Wunden hinterlassen, die noch nicht geheilt sind und die immer wieder gewürdigt werden müssen, wir müssen einfach liebevoller und aufmerksamer miteinander sein. Jeder muss sich den anderen aber auch zumuten und verletzlich zeigen, so entsteht Kontakt und Mitgefühl.

    Darf ich Ihnen einen Wunsch sagen? Mein Wunsch ist, dass Sie diesen Krieg vor Weihnachten beenden. Und dann wünsche ich mir, dass meine geäußerte Vision der gemeinsamen Zukunft in Europa Schritt für Schritt Wirklichkeit wird.

    Noch ein Zitat, es ist ein Lob von Johann Wolfgang von Goethe an Alexander Puschkin:

    „Was ich mich auch sonst erkühnt,
    Jeder würde froh mich lieben,
    Hätt ich treu und frei geschrieben
    All das Lob, das du verdient.“

    Herzliche Grüße

    Christian Kliesener
    Traumatherapeut und Jurist
    Holbeinstraße 30a
    04229 Leipzig
    Bundesrepublik Deutschland
    Tel.: +491774441516

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